Pressemitteilung 2002

DIE RECHTSBERATERKONFERENZ
der mit den Wohlfahrtsverbänden und dem Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen
zusammenarbeitenden Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte

PRESSEERKLÄRUNG
zur Innenministerkonferenz am 5./6.12.2002 in Bremen

Rechtsberaterkonferenz fordert eine „Bleiberechtsregelung“

Noch immer leben rund 230.000 Menschen behördlich „geduldet“, aber ohne
Aufenthaltsrecht und weitgehend ohne soziale Rechte in Deutschland, davon
knapp 150.000, die bereits 1997 und früher eingereist sind. Ein Großteil von ihnen
sind Kriegsflüchtlinge, die bislang nicht in den Genuss des Asylrechts kamen, die
aber gleichwohl nicht abgeschoben werden dürfen. Mit der Schaffung der
Aufenthaltsbefugnis im Ausländergesetz 1990 sollte die „Kettenduldung“
abgeschafft und denjenigen Personen ein humanitäres Aufenthaltsrecht gewährt
werden, die aus faktischen, rechtlichen oder humanitären Gründen
Abschiebungsschutz genießen. Aufgrund der äußerst restriktiv gefassten
Regelungen konnte nur eine sehr begrenzte Anzahl von Personen eine Aufenthaltsbefugnis
erlangen, ganz überwiegend diejenigen, die ein Aufenthaltsrecht
aufgrund einer sog. Altfallregelung erhielten. Und auch diese Altfallregelungen
waren so restriktiv gefasst, dass eine Vielzahl der Betroffenen die verlangten
Kriterien nicht erfüllen konnten, so dass sie noch immer im Besitz einer „Duldung“
sind.

Mit dem neuen Aufenthaltsgesetz soll die „Duldung“ abgeschafft werden. Den
bislang Geduldeten soll stattdessen die Chance eingeräumt werden – individuell
bei Vorliegen bestimmter Umstände – eine Aufenthaltserlaubnis zu erhalten. Eine
pauschale Lösung für die Übergangszeit sieht das Zuwanderungsgesetz im
Gegensatz zum Ausländergesetz 1990, welches eine Übergangsregelung für
ehemalige Asylbewerber und Geduldete enthielt, nicht vor. Dies bedeutet nicht nur
einen immensen Prüfungs- und Verwaltungsaufwand seitens der
Ausländerbehörden, sondern setzt auch die Klärung zahlreicher, oft schwieriger
Rechts- und Zweifelsfragen voraus. Es ist absehbar, dass dies zu einer verstärkten
Inanspruchnahme der Verwaltungsgerichte führen wird. Zu befürchten steht auch,
dass ein Großteil der Betroffenen weiterhin und auf lange Zeit gezwungen sein
wird, in ihrem weitgehend rechtlosen Status zu verharren, bis endlich geklärt wird,
ob ihnen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden kann.
Die Bundeskonferenz der Ausländerbeauftragten von Bund, Ländern und
Gemeinden forderte bereits im Mai 2002 die Länder auf, „sich gemeinsam mit dem
Bund auf eine klare und bundeseinheitliche Altfallregelung für bisher Geduldete zu
einigen“.

Die Rechtsberaterkonferenz hat sich auf ihre Herbsttagung am 22./23.11.02 in
Leipzig dieser Forderung angeschlossen. Sie fordert Bund und Länder auf, auf der
nächsten Innenministerkonferenz im Dezember eine großzügige
Bleiberechtsregelung zu beschließen, unabhängig davon, ob das
Zuwanderungsgesetz am 01.01.2003 in Kraft tritt oder nicht.
Die Situation der Geduldeten ist nicht länger hinnehmbar; unter dem alten nicht
weniger als unter einem neuen Gesetz.


gez. RA Rainer M. Hofmann
– Sprecher –