1999: 50 Forderungen

DIE RECHTSBERATERKONFERENZ

der mit den Wohlfahrtsverbänden und

dem Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen

zusammenarbeitenden Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte

c/o Rechtsanwalt Rainer M. Hofmann, Hofhaus · Alsenstraße 17, D-52068 Aachen Tel: 0241/949700 Fax: 0241/9497029

50 Forderungen an die Politik

zum Asylrecht, Ausländerrecht und Einbürgerungsrecht

Sehr geehrte Damen und Herren!

Nach vielen Jahren Rückschritt für Bürger ausländischer Staatsangehörigkeit in Deutsch­land gibt uns der Regierungswechsel in Bonn ein wenig Hoffnung und veranlaßt uns, Forderungen aufzustellen, die das Leben von vielen Menschen in der Bundesrepublik erleichtern, einen „modernen Staat“ schaffen helfen und den Menschen­rechten ausländischer Bürger wieder mehr Aufmerksamkeit verschaffen sollen.

Wir wenden uns deshalb als Praktiker an Sie und unterbreiten Ihnen Vorschläge zur Erreichung des vorge­nannten Ziels.

Der Übersichtlichkeit wegen haben wir hervorgehoben, wo aus unserer Sicht eine Gesetzesänderung (G) oder eine Veränderung auf dem Verordnungswege (V) notwendig ist.

Wir bitten Sie um wohlwollende Beachtung der Forderungen und würden uns über Ihre Reaktion, noch mehr aber über die Umsetzung freuen.

F l ü c h t l i n g s r e c h t:

1.     Eine großzügige Altfallregelung soll geschaffen werden:

V      Eine Altfallregelung für (ehemalige) Asylbewerber und Flüchtlinge, die sich seit drei Jahren in Deutschland aufhalten ist eine notwendige humanitäre Geste. Sie kann auch zur Entlastung von Behörden und Gerichtsbarkeit beitragen.
Die vorgeschlagene Frist von drei Jahren entspricht dem 26-fachen des sechs-wö­chigen Zeitraumes, den der „Asylkompromiß“ für ein durchschnittliches Asylver­fahren vorgesehen hatte.
Sozial- und Jugendhilfebezug für einen vorübergehenden Zeitraum darf angesichts der resktriktiven Arbeitserlaubnispolitik nicht schaden.
Anders als bei der Regelung des Jahres 1996 sollen Flüchtlinge aus dem ehemaligen Jugoslawien dieses Mal nicht ausgenommen werden.

2.     Bis zum Erlaß der Altfallregelung keine Abschiebungen:

V      Personen, auf die die Altfallregelung den zeitlichen Voraussetzungen nach Anwen­dung finden kann, sollen zwischenzeitlich nicht abgeschoben werden. Die Innenmi­nister­kon­fe­renz (IMK) sollte sich auf ein abgestimmtes Verhalten entsprechend dem Erlaß des niedersächsischen Innenministeriums vom 12.11.1998 (45.31-12230/1-1 (§ 54) 1-15) verständigen.

3.     Volle Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) für Konventionsflüchtlinge

G      § 51 des Ausländergesetzes (AuslG) übernimmt den Flüchtlingsbegriff der GFK. Dies ent­spricht der Verpflichtung der Bundesrepublik aus der Unterzeichnung dieser Konvention. Trotzdem finden in Deutschland große Gruppen schutzbedürfti­ger Flüchtlinge durch die Rechtsprechung keinen Schutz, weil schlimmste Menschen­rechtsverletzungen in Bürger­kriegssituationen nicht asylerheblich sein sollen. Das deutsche Flüchtlingsrecht ist wieder in Übereinstimmung mit der GFK, der Ansicht des Hohen Flüchtlingskommissars der Verein­ten Nationen (UNHCR) und der weit überwiegenden Staatenpraxis europäischer Länder zu bringen.
Eine Regelung in Erlassen oder Verwaltungsvorschriften (die es zum Asylrecht gar nicht gibt) wäre unzureichend, da die Rechtsprechung hieran nicht gebunden ist. Deshalb ist eine Gesetzesänderung notwendig.

4.     Abschiebungsschutz muß sich wieder an der Europäischen Menschrechtskon­vention (EMRK) orientieren:

G      Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) als authentischer Inter­pretator der EMRK entscheidet in ständiger Rechtsprechung, daß Abschiebungshin­dernisse (Art. 3 EMRK) immer dann bestehen, wenn – egal durch wen -konkret die Gefahr menschen­rechts­widriger Behandlung im Zielstaat droht. Obwohl § 51 Absatz 4 AuslG aus­drücklich die Ab­schiebungshindernisse nach der EMRK in Bezug nimmt, verweigert das Bundesverwaltungs­gericht (BVerwG) dem EGMR die Gefolgschaft und bringt die Bundesrepublik damit in die Gefahr, Völkerrechtsverstösse zu begehen.Durch Gesetzesänderung ist klarzustellen, daß als Abschiebungshindernis das zu gelten hat, was die Rechtsprechung des EGMR als solche bezeichnet.

5.     Das Refoulment-Verbot der GFK muß wieder angewandt werden:

G      Abschiebungen von Flüchtlingen in Drittstaaten, in denen die Gefahr einer „Kettenabschiebung“ in den Heimatstaat droht, sind auszusetzen. Dementsprechend ist für solche Fälle auch wirksamer (einstweiliger) Rechtsschutz mit aufschiebender Wir­kung vor den Gerichten vorzusehen.

6.     Geschlechtsspezifische Verfolgung und Kriegsdienstverweigerung sind als Asyl­gründe anzuerkennen:

G      Geschlechtsspezifische Verfolgung insbesondere (aber nicht ausschließlich) gegenüber Frauen muß endlich als Asylgrund anerkannt werden. Auf die entsprechenden Beschlüsse des UNHCR-Exekutivkomitees und der Frauenministerinnenkonferenz vom 25./26. Juni 1997 wird hingewiesen.

Wehrdienstentziehung ist ebenfalls als Asylgrund anzuerkennen.
Beides ist gesetzlich anzuordnen, da Gerichte an Verwaltungsvorschriften nicht gebunden sind.

7.     Das „Flughafenverfahren“ ist ersatzlos zu streichen:

G      Die Sondersituation am Flughafen ist dazu angetan, den „echten politischen Flücht­ling“, insbesondere Folteropfer, auf der Strecke bleiben zu lassen. Die Unterbrin­gung von Flüchtlingen in haftähnlicher Weise garantiert kein faires Asylverfahren. Dies Rechtsmittel­fristen sind geeignet, Rechtswahrnehmung zu verunmöglichen.
Sollte eine ersatzlose Streichung des „Flughafenverfahrens“ politisch nicht durchsetz­bar sein, sind die gravierendsten Auswüchse durch Gesetzesänderung zu beseitigen.

8.     Das Familienasyl ist großzügiger auszugestalten:

G      Auch die Ehegatten und minderjährigen Kinder von nach der GFK anerkannten Flüchtlingen sollen denselben Status erhalten, wie die „Stammberechtigten“.
Denjenigen Familienangehörigen von anerkannten Flüchtlingen, die über einen sog. sicheren Drittstaat eingereist sind, ist der Status des „Stammberechtig­ten“ zu gewähren.
Für im Bundesgebiet geborene minderjährige Kinder von Flüchtlingen ist allgemein eine Frist von einem Jahr zur Asylantragstellung einzuräumen, wie es jetzt schon für Kinder von anerkannten Asylberechtigten der Fall ist (§ 26 Absatz 1 Satz 2 AsylVfG).

Die durch die Rechtsprechung entwickelte Antragsfrist von zwei Wochen für Kinder von nicht (rechts­kräftig) anerkannten Flüchtlingen ist viel zu kurz. Für eine solche „Engherzig­keit“ ist auch kein sachlicher Grund ersichtlich.
Familienasyl soll in Zukunft wieder auch vor Anerkennung des „Stammberechtigten“ zugesprochen werden können. Die Gesetzesänderung vom 29.10.1997 führt nur zu unnö­tiger Anhäufig von Verwaltungsverfahren und verwaltungsgerichtlichen Verfah­ren.

9.     Der Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten ist abzuschaffen:

G      Die ca. 4000 Klagen dieses Amtes pro Jahr führen zu erheblicher Verfahrensverzögerung und Überlastung der Gerichte. Zudem sind kaum Fälle bekannt, in denen der Bun­desbe­auf­tragte zugunsten von Flüchtlingen tätig wird. Es gibt Fälle, in denen der Bundesbeauf­tragte noch viele Jahre nach der Anerkennung von Flüchtlingen „Beanstandungs­klagen“ erhebt mit der Behauptung, ihm sei der entsprechende Be­scheid nicht zugestellt worden.
Die Abschaffung dieses in Europa einzigartigen Amtes würde auch der europäischen Rechtsan­glei­chung dienlich sein.

10.   Die Rechtsmittelfristen im Asylverfahren sind zu harmonisieren:

G      Einzig im Asylverfahren gibt es Klagefristen von einer Woche und Begründungsfri­sten (für die Zulassung der Berufung) von zwei Wochen. Dieses Sonderrecht gegen Flüchtlinge ist zu ändern und mit den Fristen der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zu harmonisieren.

11. Erziehungsgeld für alle anerkannten Flüchtlinge:

G      Es ist gesetzlich klarzustellen, daß auch Konventionsflüchtlinge (mit Aufenthaltsbe­fugnis) Anspruch auf Erziehungsgeld haben. Gleichfalls ist zu regeln, daß für den Fall der späteren Anerkennung Erzie­hungs­geld rückwirkend zu zahlen ist (deklaratorische Wirkung der Flüchtlingsanerkennung).
12. Aufhebung des „Arbeitsverbots“ für Asylbewerber:

V      Die Einführung des Arbeitsverbots durch ministeriellen Erlaß wurde damit begründet, daß sich angeblich Tausende von albanischen Flüchtlingen nach Deutschland „aufgemacht“ hätten. Als sich dies als „Zeitungsente“ herausstellte, blieb der Erlaß bestehen.

13. Familiennachzug (auch) zu Konventionsflüchtlingen muß gewährleistet sein:

G      Wie es der UNHCR fordert, sind Konventionsflüchtlinge, die lediglich eine Aufenthaltsbefugnis haben, den anerkannten Asylberechtigten gleich zu stellen. Oftmals müssen nach der GFK anerkannte Flüchtlinge viele Jahre auf die Genehmigung zum Familiennachzug warten und Trennungsfristen ertragen, die unzumutbar sind.
In § 17 Absatz 3 und § 18 Absatz 1 Nr. 2 AuslG sind Konventionsflüchtlinge aufzunehmen.

14. Schutz für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge:

G      Diese Kinder sind besonders schutzbedürftig. Sie dürfen nicht in Lagern oder Gemeinschaftsunterkünften untergebracht werden. Dem Asylverfahren ist ein „Clearingverfahren“ vorzuschalten.

Den Kindern ist ein staatlich honorierter Pfleger zur Wahrnehmung ihrer Rechte beizuordnen. Die Jugendämter sind hiermit mangels Rechtskenntnis oftmals überfordert und gelegentlich (Beispiel Berlin) verstehen sie sich als „verlängerter Arm“ der Asylbehörden.

15. Das Asylbewerberleistungsgesetz ist abzuschaffen:

G      Die besondere Behandlung von Flüchtlingen, die für diese Personengruppe ein Existenzminimum unterhalb dem anderer Bürger definiert, ist diskriminierend. Auch ist der „Sach­leistungsvorrang“ des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) teurer als die Hingabe von Geld. Dieses Prinzip führt zudem zur Entmündigung von Flüchtlingen. Die Abschaffung des AsylbLG dient dem Abbau der Bürokratie und der Verschlankung des Rechtsstaates.

16. Die Unterbringung von Asylbewerbern ist zu verbessern:

G      Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften als Regelform ist abzuschaffen. Nicht selten ist die Unterbringung in den von den Flüchtlingen selbst gesuchten Unter­künften (Wohnungs­markt, Verwandte) sehr viel preisgünstiger.

17. Bleiberecht für Folteropfer:

V      Gefolterte und mißhandelte Flüchtlinge (nicht nur aus Bosnien-Herzegowina) sollen nicht zur Rückkehr in den Heimatstaat gezwungen werden, auch wenn dort zwischenzeitlich andere Verhältnisse herrschen. Dies ist ein Gebot der Menschlich­keit. Die Erfahrung zeigt, daß solche Personen nicht selten aus freien Stücken nach einer gewissen Zeit der Rehabi­li­tation zurückkehren (Beispiel Chile).

18. Abschiebungsstop für Flüchtlinge aus der Republika Srpska:

V      Diese Flüchtlinge sind (derzeit noch) besonders gefährdet und finden häufig anderswo keinen Unterschlupf. Sie jetzt zurückzuschicken ist inhuman.

19. Faire Berichterstattung durch das Auswärtige Amt:

V      Lageberichte und Auskünfte des Auswärtigen Amtes in Asylverfahren werden fast immer kritiklos zur Entscheidung in Asylverfahren herangezogen. Die Praxis zeigt, daß solche Verlautbarungen jedoch oftmals von außenpolitischen Rücksichtsnah­men geprägt sind und nicht selten unrichtige Tatsachenbehauptungen enthalten.
Im Auswärtigen Amt sollte ein Gremium zur Beratung/Überwachung der Auskunfts­praxis des Auswärtigen Amtes einberufen werden, in dem Menschenrechtsvereini­gungen maßgeblich mit­wir­ken.

20. Sachaufklärungspflicht des Bundesamtes konkretisieren und verbessern:

G      Gegen die Pflicht zur umfassenden Sachverhaltsaufklärung wird beim

Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (BAFl) in einer Häufigkeit verstoßen, das gesetz­geberische Maßnahmen angezeigt sind. In einer besonderen Verfah­rensvorschrift des AsylVfG ist klarzustellen, daß es zur Pflicht des BAFl gehört, bei Zweifeln durch Nachfrage Klarheit zu schaffen, angebliche Widersprüche dem Flüchtling mitzuteilen, und daß nach Bewei­sen zu fragen ist und Beweise zu erheben sind. Nach der mündlichen Anhörung beim BAFl und vor Erlaß eines negativen Bescheides ist ein Anhörungsverfahren durchzuführen, wie es § 28 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) vorsieht.

21. Faireres Verfahren für Folteropfer und Opfer sexueller Gewalt:

G      Der besonderen Situation dieser zwei Gruppen muß Rechnung getragen werden. Die Bundesrepublik darf sich nicht länger wissenschaftlichen Erkenntnissen ver­schließen, daß Personen aus diesen Gruppen sich oftmals erst sehr spät anver­trauen. Jedenfalls für diese Personengruppen ist klarzustellen, daß auch erst im weiteren Verlauf des Asylverfahrens (z. B. Gerichtsverfahren) vorgebrachte Tatsa­chen nicht als „gesteigertes Vorbringen“ abge­wertet werden dürfen.

Die Resolution Nr. 73-1993 des UNHCR-Exekutivkomitees ist umzu­setzen.

In Fällen dieser Perso­nengruppen müssen Behörden und Gerichte verpflichtet werden, Stellungnahmen unabhängiger Sachverständiger einzuholen.
Vorstehendes ist gesetzlich zu regeln, da Verwaltungsvorschriften (die es im Asyl­recht derzeit nicht gibt) Gerichte nicht binden.

22. „Sprachanalysen“ dürfen nicht verwendet werden:

V      Zur Feststellung der Herkunft von Flüchtlingen wird beim BAFl verstärkt auf „Sprachanalysen“ zurückgegriffen und hierauf fußend oftmals Unglaubwürdig­keit angenommen. Sprachanalysen sind, hierin ist sich die Wissenschaft einig, unseriös und nur in seltensten Fällen geeignet, eine verläßliche Grundlage für Entscheidungen zur Herkunft von Flüchtlingen zu bilden. Wieso dieses Verfahren gleichwohl ange­wandt wird, ist nicht nachvollziehbar.

23. Kompetenzen der Beauftragten für Ausländerfragen erweitern:

G      Die Beauftragte der Bundesregierung für Ausländerfragen sollte eine originäre Zuständigkeit auch für Asylsuchende und Flüchtlinge erhalten.

24. Unabhängige Information über Flucht und Fluchtursachen weiter ermöglichen:

V      Die Zentrale Dokumentationsstelle der Wohlfahrtsverbände für Flüchtlinge (ZDWF) soll zum Ende 1998 geschlossen werden, weil der Bund Fördermittel im Bundes­haushalt (Kapitel 1702, Titel 68403) nicht weiter zur Verfügung stellt.
Die ZDWF war gegründet worden, um nach der Verkürzung von Fristen und der Beschrän­kung von Rechten aufgrund des Asylverfahrensgesetzes vom 16.7.1982 eine Art „Waffen­gleichheit“ herzustellen. Nutznießer der ZDWF sind vor allem Flüchtlin­ge und Flüchtlings­initiativen, die sich keine aufwendige Recherche leisten können.

„Waffengleichheit“ ist im Jahre 1998 genau so notwendig wie im Jahre 1982. Die Kürzung der Mittel und die Schließung der ZDWF sind rückgängig zu machen.

25. Sachkundige Vertretung von Flüchtlingen sicherstellen:

G      Durch § 83 b Absatz 2 AsylVfG ist der Gegenstandswert von Asylklagen einzigartig im Rechtssystem der Bundesrepublik – auf niedrigem Niveau festgeschrieben worden. Das Niveau liegt noch unter dem des „verwaltungsrechtlichen Regelstreit­werts“ nach der Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung. In Asylverfahren wird aber oftmals über Leben und Tod entschieden. Seriös geführte Asylverfahren sind sehr zeitaufwendig. Die Anwaltsge­bühren aufgrund der gesetzlichen Gebüh­renfestschreibung sind nicht kostendeckend. Dies führt dazu, daß sachkun­dige Anwälte zu diesen Gebühren oftmals nicht vertreten können, mit dem Ergebnis, daß Flüchtlingen sachgerechter anwaltlicher Bei­stand vorent­halten wird.

Deshalb ist § 83 b Absatz 2 AsylVfG ersatzlos zu streichen. § 78 Absatz 6 AsylVfG ist wieder so in Kraft zu setzen, wie er vor der Änderung der Verwaltungsgerichtsord­nung vom 7.11.1996 (BGBl I, 1629) galt.

A u s l ä n d e r r e c h t

26. Ausweisungsschutz für langjährig hier Lebende verbessern:

G      Langjährig in Deutschland lebende Migranten sind „Inländer ausländischer Staatsangehörigkeit“. Ihre Lebensperspektive liegt in unserem Land, nicht im früheren Heimatland, welches sie oftmals gar nicht kennen. Seit dem 1.1.1991 sind mehrere Verschärfungen der Ausweisungsvorschriften vorgenommen worden. Diese sind rückgängig zu machen.

27. Familienzusammenführung erleichtern:

G      Die Regelung zum Ehegatten- und Kindernachzug der Bundesrepublik bleibt hinter dem völker­rechtlichen Standard (Art. 8 EMRK) zurück.
Ehegatten- und Kindernachzug sollte nach einem Jahr rechtmäßigem Aufenthalt er­möglicht werden, wie dies die Kommission der EU vorschlägt (vgl. KOM (97) 387 endg.; Ratsdok. 10994/97).
Ausländische Sorgerechtsentscheidungen sind in Deutschland umzusetzen; hieraus folgt, daß Kindernachzug zum Sorgerechtsinhaber zwingend möglich sein muß.
Die verfassungswidrige geschlechtsspezifische Diskriminierung, wonach einem hier gebo­renen Kind nur dann von Amts wegen die Aufenthaltserlaubnis zu erteilen ist, wenn die Mutter eine Aufenthaltserlaubnis besitzt (§ 21 Absatz 1 AuslG) ist zu streichen.

V      Auch wenn der Sorgerechtsinhaber nicht ein (natürlicher) Elternteil ist, ist Familien­nachzug zu ermöglichen, da es sich auch in diesem Fall um eine „Familie“ im Sinne von Art. 8 EMRK handelt.
Die diskriminierenden Verwaltungsvorschriften, daß Familiennachzug zu Studenten aus der Dritten Welt mit Aufenthaltsbewilligung (regelmäßig von nicht-weißer Haut­farbe) nicht erlaubt wird, sind ersatzlos zu streichen.

28.    Echte Härtefallklausel für Ehegatten schaffen:

G       Die im Oktober 1997 in § 19 Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2, 3 AuslG hineinformu­lierte „Härte­fall­klausel“ ist völlig mißlungen. Sie bleibt in der Praxisanwendung gele­gentlich noch hinter der zuvor geltenden Regelung zurück. Je gravierender der Härtefall ist (geschlagene Frauen) um so wahrscheinlicher ist die Notwendigkeit, für eine gewisse Zeit öffentliche Mittel in Anspruch zu nehmen. Deshalb ist die Härtefallregelung vollständig zu verändern.

29.    Fristen für Aufenthaltsverfestigung herabsetzen:

G       Mit Blick auf die im Koalitionsvertrag verabredete Verkürzung der Einbürgerungs­fristen  sind auch die Fristen für die Aufenthaltsverfestigung (unbefristete Aufent­halts­erlaubnis, Aufenthaltsberechtigung) zu verkürzen. Vorschlag:
– unbefristete Aufenthaltserlaubnis nach dreijährigem rechtmäßigen Aufenthalt mit Aufent­

 haltserlaubnis (§ 24 AuslG) oder Aufenthaltsbefugnis (§ 35 AuslG);
– Aufenthaltsberechtigung nach zweijährigen Besitz der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis.

30.    Aufenthaltsverfestigung muß unwiderruflich sein:

V        Sowohl die unbefristete Aufenthaltserlaubnis als auch die Aufenthaltsberechtigung darf nicht widerrufen werden können, auch nicht im Falle der Straffälligkeit (Aus­nahme: Täuschung oder Drohung).

31. Steuerfinanzierte Sozialleistungen müssen zum Einkommen zählen:

G      Für die Aufenthaltsverfestigung ist oftmals die Finanzierung des Lebensunterhaltes aus eigenen Mitteln Voraussetzung. Hierzu sollen nach verbreiteter Rechtsprechung Kinder­geld, Erziehungsgeld und Wohngeld nicht zählen. Das ist nicht nachvollziehbar.

Es ist gesetzlich anzuordnen, daß diese sozialen Transferleistungen bei der Einkom­mens­berechnung heranzuziehen sind.

32. Recht und Praxis der Abschiebungshaft reformieren:

G      Die Ausgestaltung und Dauer von Abschiebungshaft in der Bundesrepublik Deutsch­land sind eines modernen Rechtsstaates unwürdig. Eine Verkürzung der Verfahrensdauern und die Verringerung der Abschiebungshaft­zah­len dient auch der Verwaltungsvereinfachung und der Kosteneinsparung.
Abschiebungshaft wird häufig zur Erleichterung behördlicher Tätigkeit beantragt und verhängt.
Die Dauer der Abschiebungshaft ist auf einen Monat (in Ausnahmefällen drei Mona­te) zu begrenzen.

Schwangere, Eltern mit Kleinkindern und Minderjährige dürfen nicht in Abschie­bungshaft genommen werden.
Über die Freiheitsbeschränkung hinaus dürfen keinerlei weitere haftähnlichen Maß­nahmen ergriffen werden.
Vollzug von Abschiebungshaft gemeinsam mit Untersuchungs- bzw. Strafhäftlingen ist zu untersagen.

33.    Rechtsansprüche ohne Vorbehalt gewährleisten:

G       Das Ausländergesetz kennt eine Reihe von Anspruchstatbeständen. Deren Verwirk­li­chung steht jedoch nahezu immer unter dem Vorbehalt, daß kein „Ausweisungs­grund“ vorliegt. Nach überwiegender obergerichtlicher Rechtsprechung gilt als „Aus­weisungsgrund“ jede im Gesetz benannte theoretische Möglichkeit der Ausweisung, egal ob diese auch tatsäch­lich zu einer Ausweisung führen würde. Dieser Interpretation ist gesetzlich ein Riegel vorzuschieben. Sofern für Rechtsansprüche überhaupt ein Vorbehalt gelten soll, ist zu for­mulieren „vorbehaltlich des Vorliegens eines Ausweisungsgrun­des, der auch tatsächlich zur Ausweisung führt (Ausweisungstatbestand)“.
Außerdem ist § 8 Absatz 1 AuslG zu streichen. Aufgrund dieser Vorschrift wird die Durchsetzung von Rechtsansprüchen unter den – unnötigen – Vorbehalt der Ein­haltung bloßer Förmlichkeiten gestellt. Durch die Abschaffung wird eine wesentliche Vereinfa­chung des Verwaltungsverfahrens und eine Entlastung der Verwaltungsge­richte erreicht.

34.    Visumszwang für Minderjährige abschaffen:

G       Die bis Ende 1990 geltende Visumsfreiheit sollte wieder eingeführt werden.

V      Im Mindestmaß aber sollte die 1997 eingeführte Verschärfung für Kinder aus den (ehema­li­gen) Anwerbestaaten zurückgenommen werden.

35.    Gesetzliche Regelung für Bürgerkriegsflüchtlinge anwenden:

V        Die Regelung über die Aufnahme von Bürgerkriegsflüchtlingen in § 32

a AuslG war Teil des Asylkompromisses der Jahre 1992/93. Gleichwohl wurde die Regelung niemals angewandt, obwohl sie auf die Bürgerkriegsflüchtlinge aus dem ehemaligen Jugoslawien genau zutraf.

G      Um eine Anwendbarkeit dieser Regelung zu erreichen, ist das „Einvernehmenserfor­dernis“ in § 32 a Absatz 1 AuslG zu streichen. Dies wird dazu führen, daß durch ein­zelne Bundesländer ein Beispiel gegeben werden kann, was dann auf die anderen Länder Auswirkungen haben wird.

36.    Bundeseinheitlichkeit verhindert humanitäre Lösungen:

G       Generelle Regelungen zur Erteilung von Duldungen (§ 54 AuslG) oder Aufenthaltsbefugnissen (§ 32 AuslG) aus humanitären Gründen stehen unter dem Vorbehalt der „Bundesein­heitlichkeit“, weshalb der BMI hierbei zustimmen müssen soll. Abgesehen von verfassungs­rechtlichen Bedenken gegen diese Regelung und gegen die hiermit manifestierte Tendenz zur Aufweichung des Föderalismus gilt fol­gendes:
Die Vergangenheit vor 1991 hat gezeigt, daß dringend notwendige humanitäre Lösun­gen für einzelne Flüchtlingsgruppen oftmals erst dann gefunden wurden, wenn zunächst in einzelnen Bundesländern hierzu Maßnahmen ergriffen worden sind (z. B. Christen aus der Türkei, Iraner, Yeziden).
§ 32 Satz 2 und § 54 Satz 2 AuslG sind daher zu streichen.

37.    Rechtsunklarheiten bei Abschiebungshindernissen beseitigen:

G       Bei erheblichen konkreten Gefahren für Leib, Leben oder Freiheit von Einzelper­so­nen darf nach der Verfassungsordnung der Bundesrepublik und nach der EMRK nicht abgescho­ben werden. Deshalb muß dies unzweideutig in das Gesetz aufgenommen werden. Die For­mulierung in § 53 Absatz 6 Satz 1 AuslG, daß in diesen Fällen von einer Abschiebung „abge­sehen werden kann“ führt bei der Rechtsanwendung nur zu Verwirrung. Es ist gesetzlich festzuschreiben, daß von solchen Abschiebungen abzusehen ist.
Sind von den eben beschriebenen Gefahren nicht nur Einzelpersonen, sondern auch Grup­pen von Menschen betroffen, so soll nach der derzeitigen Gesetzessystematik die Ausset­zung der Abschiebung nur aufgrund einer bundeseinheitlichen Regelung (für länger als sechs Monate) ausgesetzt werden können (§ 53 Absatz 6 Satz 2 AuslG). Dies ist verfassungs­rechtlich zumindest bedenklich. § 53 Absatz 6 Satz 2 AuslG ist daher ersatzlos zu streichen.

38. Rassendiskriminierungskonvention umsetzen:

G      Die UNO-Konvention zur Beseitigung jeglicher Form von Rassendiskriminierung harrt nach vielen Jahren ihrer Existenz noch immer der Umsetzung in deutsches inner­staatliches Recht. Dies gilt insbesondere für die Sanktionierung von Diskriminierungsmaßnahmen. In einem Anti-Diskriminierungsgesetz oder auf anderem Wege ist sicherzustellen, daß die Bundesrepublik ihre völkerrechtliche Verpflich­tung erfüllt.

39. UNO-Anti-Folter-Konvention anwendbar machen:

G      Zu dieser Konvention besteht ein Protokoll, wonach eine Individual-

beschwerde zu­lässig ist, sofern der Signatarstaat dieses Protokoll ratifiziert hat. Die Bundesrepublik hat bisher die Unterzeichnung verweigert. Eine Ratifikation des Protokolls ist unver­züglich vorzunehmen, ansonsten setzt Deutschland sich dem Verdacht aus, es mit der Überwachung der Umset­zung dieses wichtigen Menschenrechts nicht ernst zu nehmen.

40. UNO-Kinderrechtskonvention voll inhaltlich umsetzen:

G      Die Anwendung der UNO-Konvention über die Rechte des Kindes führt in Deutsch­land ein Schattendasein. Dies liegt vor allem an dem Vorbehalt, den die Bundesre­publik zu der Konvention erklärt hat. Dieser Vorbehalt wird von nicht Wenigen für völkerrechtswidrig gehalten. Der Vorbehalt ist zurückzunehmen.

41. Erleichterung der Ausstellung von Reisedokumenten:

V      Ausländern, die zumutbar von den Heimatbehörden ein Nationalpaß

nicht erhalten können, werden in nahezu allen europäischen Ländern unbürokratisch Reisedokumente (Fremden­pässe) ausgestellt. In Deutschland ist dies jedoch an vielfach einengende Voraussetzungen geknüpft.

Es ist nicht einsehbar, warum bei Unzumutbarkeit der Erlangung des Reisedokuments die Inhaber von Aufenthaltsbewilligungen gar nicht und die Inhaber von Aufenthaltserlaub­nis­sen nur unter engen Voraussetzungen ein Reisedokument erhalten sollen.

Auch weigern sich Heimatstaaten in vielen Fällen von Kriegsdienstverweigerung, einen Paß auszustel­len. Angesichts des Grundrechts auf Kriegsdienstverweigerung ist nicht einsich­tig, daß die Bundesre­publik diesen Ausländern für den Regelfall ansinnt, zur Ableistung des Wehrdienstes in ihr Heimat­land zurückzukehren.

§ 15 DV AuslG ist zu reformieren.

42. Rechtmäßigkeit des Aufenthalts während des Entscheidungsprozesses bei der Behörde sichern:

G      Wünschenswert wäre es, gesetzlich vorzusehen, daß die aufschiebende Wirkung des Antrags- und Rechtsbehelfsverfahrens der Regelfall ist. Für Ausnahmefälle reicht das Institut der „Anordnung der sofortigen Voll­ziehung“.

Sollte dies allerdings nicht umsetzbar sein, so ist zumindest § 69 AuslG so zu formulieren, wie es in § 21 AuslG 1965 vorgesehen war. Die vieldeutigen und vielschichtigen Abstu­fungen im derzeit gelten­den Recht (§ 69 AuslG) sind oftmals nicht durchschaubar und schaffen Rechtsunsicherheit. Derzeit genießt z. B. eine Person, die sich seit vielen Jahren rechtmäßig in Deutschland aufhält, aber den Antrag zur Verlängerung der Aufenthaltsge­nehmigung nur um einen Tag nach deren Ablauf stellt, für die Zeit der Entscheidung keinen rechtmäßigen Aufenthalt in Deutschland. Dieselbe Person kann auch nicht einst­weiligen Rechtsschutz nach § 80 Absatz 5 VwGO erhalten.

43. Unklarheiten bei der Befristung der Wirkung der Ausweisung beseitigen:

G      Die Befristung der Ausweisung ist der gesetzliche Regelfall. Nach § 8 Absatz 2 Satz 4 AuslG beginnt diese Frist mit der Ausreise. Nicht selten können Ausgewiesene jedoch nicht abge­schoben werden (Abschiebungshindernisse). Für diese Personen soll dann keine Befristung der Ausweisung möglich sein. Das ist widersinnig, weil solche Personen dann auch nach langjäh­rigem weiterem (geduldetem) Aufent­halt in Deutschland keine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden darf, solange die Ausweisung noch besteht.

In § 8 Absatz 2 Satz 4 AuslG ist deshalb klarzustellen, daß die Frist nur im Falle der freiwil­ligen Aus­reise oder der Abschiebung mit dem Verlassen des Bundesgebietes beginnt.

 44. Aufenthaltsverfestigung bei humanitären Situationen harmonisieren:

G      Nach achtjährigem Aufenthalt mit Aufenthaltsbefugnis kann eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. In die Acht-Jahres-Frist ist die Zeit des (letzten) voraus­gegangenen Asylverfahrens einzurechnen. Zeiten der Duldung werden nur nach einem be­stimmten Schlüssel angerechnet und Zeiten eines weiteren Asylverfahrens über­haupt nicht. Das ist sachlich nicht nachvoll­zieh­bar, denn auch die vorausge­gangene Asylantragstellung oder die Geltendmachung von Abschiebungshindernissen sind Ausdruck eines Schutzersuchens, dem entsprochen wurde.

In § 35 Absatz 1 ist klarzustellen, daß die Zeiten von Asylverfahren und von Duldungen auf die Acht-Jahres-Frist angerechnet werden.

 45. Subsidiarität des humanitären Aufenthaltsrechts klarstellen:

G      Es ist gesetzlich klarzustellen, daß die Aufenthaltsbefugnis subsidiär nur zur Aufenthaltserlaubnis ist. Zu diesem Zweck ist § 30 Absatz 2 Nr. 1 AuslG zu ändern.

Aufgrund der derzeitigen mißverständlichen Formulierung wird Personen, die Anspruch auf Aufent­haltsbefugnis haben oder eine solche im Ermessenswege erhalten könnten, oftmals angesonnen, zu­nächst eine Aufenthaltsbewilligung erteilen oder verlängern zu lassen. Angesichts der Verfestigungs­regelungen in § 35 AuslG ist dies häufig nachteilig.

 46. Erteilung von Aufenthaltsbefugnissen nicht an unerfüllbare Voraussetzungen knüpfen:

G      Voraussetzung für die Erteilung von Aufenthaltsbefugnissen (§ 30 Absätze 3, 4) ist nach dem mißlungenen Gesetzeswortlaut die „Unanfechtbarkeit“ einer Ausreisepflicht. Dies ist ein Redaktionsversehen. Eigentlich sollte von „vollziehbarer Ausreisepflicht“ gesprochen werden. Unanfechtbarkeit wird von der Rechtsprechung definiert als Ausreisepflicht auf­grund eines Verwaltungsakts. Beantragt nun ein Ausländer, dem Duldungsgründe zur Seite stehen (§§ 53, 55 AuslG) die Erteilung einer Aufenthaltsbe­fugnis so kann ihm diese gerade deshalb nicht erteilt werden, weil er ohne Rechtskraft eines Verwal­tungsakts nicht unan­fechtbar ausreisepflichtig ist. Er muß also zunächst einen negativen Bescheid gegen sich rechtskräftig werden lassen (mit allen Rechtsschutzproblemen, die hieraus resultieren), um dann erneut die Aufenthaltsbefugnis zu beantragen. Erst dann kann sie ihm erteilt werden. Ein absurdes Ergebnis.

In § 30 Absätze 3 und 4 ist das Wort „unanfechtbar“ durch das Wort „vollziehbar“ zu ersetzen.

 47. Härtefallkommissionen als Pflichtaufgabe in das Gesetz aufnehmen:

G      Die Arbeit von Härtefallkommissionen hat gezeigt, daß es nicht selten Situationen gibt, in denen der Buchstabe des Gesetzes humanitären Problemen nicht Rechnung tragen konnte. Härtefallkommissionen haben unter Beachtung des geltenden Rechts gute und tragbare Ergebnisse hervorgebracht.

In § 55 ist daher die Verpflichtung der Länder aufzunehmen, Härtefallkommissionen einzurichten.

48. Entwurf der Verwaltungsvorschriften überarbeiten:

V      Obwohl es eigentlich untragbar ist, daß acht Jahre nach Inkrafttreten des Ausländergesetzes noch immer keine Verwaltungsvorschriften existieren, sollte der noch von der alten Regie­rung verabschiedete Entwurf allgemeiner Verwaltungsvorschriften (Bundesrats Druck-sache 672/98) so nicht erneut einge­bracht werden. Die umfangreich geäußerten Bedenken vieler Praktiker sollten in eine Neuformulie­rung einfließen.

E i n b ü r g e r u n g s r e c h t

 49. Bezug öffentlicher Mittel darf nicht in jedem Fall Einbürgerungshindernis sein:

Bereits jetzt ist in § 86 Absatz 1 AuslG geregelt, daß der Bezug von Sozialhilfe bzw. Arbeitslo­senhilfe dann kein Einbürgerungshindernis sein darf, wenn der Einbürgerungsbewerber aus einem von ihm nicht zu vertretenen Grund den Lebensunterhalt nicht ohne Inanspruchnahme dieser Hilfeformen be­streiten kann.

Eine entsprechende Formulierung ist in alle Anspruchstatbestände aller Einbürgerungsge­setze aufzu­nehmen.

50. Anwendung des „ius-soli-Prinzips“ mit Rückwirkung:

Die Koalitionsfraktionen haben vereinbart, daß unter bestimmten Voraussetzungen der Ge­burtser­werb der deutschen Staatsangehörigkeit vorgesehen wird. Es ist sicherzustellen, daß die zu schaffende Regelung auch auf diejenigen (Minderjährigen) Anwendung finden, die im Zeitpunkt der Gesetzesän­derung bereits geboren sind.

Hierzu wird verwiesen auf die mit dem Kindschaftsreformgesetz notwendige Änderung des Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetzes (BGBl I 1997, 2950) beim Staatsangehörigkeits­er-werb durch Geburt von Kindern deutscher nicht ehelicher Väter. Bei der vorausgegangenen Änderung des Reichs- und Staats­angehörigkeitsgesetzes (BGBl I 1993, 1072 f.) war die rückwirkende Anwendung auf am 1.7.1993 bereits gebo­rene Kinder schlicht vergessen worden. Dies sollte sich nicht wiederholen.

Wir hoffen sehr, daß Sie möglichst viele unserer Forderungen berücksichtigen. Die nahezu 7,5 Millionen Ausländer in der Bundesrepublik würden es Ihnen danken.

Abschließend möchten wir Ihnen noch – falls nicht bekannt – darstellen, wer wir sind:

Die deutsche Rechtsberaterkonferenz ist ein Zusammenschluß von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten, die in Zusammenarbeit mit den Wohlfahrtsverbänden Caritasverband (DCV), Diakonisches Werk (DW) und Deutsches Rotes Kreuz (DRK) und dem Amt des Hohen Flücht­lingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) es sich seit Jahren zur Aufgabe gemacht haben, Rechtsberatung für Asylsuchende und ausländi­sche Flüchtlinge durchzuführen. Im Inter-esse der Rechtssuchenden treffen sich die Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte regel­mäßig zu Rechtsberaterkonferenzen, in denen ein Informations- und Meinungsaus­tausch statt­findet. In der Schriftenreihe der Rechtsberaterkonferenz werden Schriften mit praktischen Rat­schlägen und Anleitungen für die Betreuung von Flüchtlingen sowie theoretische Darstellungen für das Fachpublikum veröffentlicht. Daneben wendet sich die deutsche Rechtsberaterkonferenz mit Aufrufen an die politisch Verantwortlichen öffentlich zu Wort, überwiegend wenn es um Asylsu­chende und ausländische Flüchtlinge geht.

Mit freundlichen Grüßen

für den Sprecherrat

der Rechtsberaterkonferenz

gez. Rainer M. Hofmann

Rechtsanwalt