Pressemitteilungen 2019

Pressemitteilung vom 04. Mai 2019

Asylgesetzgebung ohne Maß und Ziel

Rechtsberaterkonferenz: Entwürfe der Regierung teils verfassungswidrig und integrationsfeindlich

Stuttgart, 4.5.2019 

Die Rechtsberaterkonferenz der Wohlfahrtsverbände hat der Großen Koalition eine Gesetzgebungstätigkeit ohne Maß und Ziel im Bereich Asyl und Migration vorgeworfen. „Derzeit sind 15 Entwürfe gleichzeitig im Gesetzgebungsverfahren – ohne dass sie aufeinander abgestimmt wären, teils mit gegenläufigen Auswirkungen“, sagte Prof. Dr. Holger Hoffmann, einer der SprecherInnen der Konferenz, anlässlich des Frühjahrstreffens in Stuttgart. „Während mit der Fachkräfte-Gesetzgebung der Spurwechsel aus dem Asylverfahren in eine Beschäftigung ermöglicht werden soll, belegt die Regierung einen großen Teil des infrage kommenden Personenkreises zugleich mit einem Arbeitsverbot. Das kann man den Betroffenen nicht erklären.“

„Schönfärberische Gesetzestitel wie ,Geordnete-Rückkehr-Gesetz‘ können nicht darüber hinwegtäuschen, dass es gerade dem Bundesinnenminister um ein drastisches und fortgesetztes Beschneiden der Rechte von Asylsuchenden und Geduldeten geht. ,Hau-Ab-Gesetz II‘ wäre daher die treffendere Bezeichnung“, kritisiert Rechtsanwältin Catrin Hirte-Piel aus Bielefeld. Die geplante Ausweitung der Abschiebungshaftgründe sei teils verfassungswidrig, die Unterbringung von Abschiebungsgefangenen in Strafgefängnissen werde zu Recht von den Justizministern der Länder kritisiert: „Sie verstößt gegen EU-Recht. Der Europäische Gerichtshof hat schon 2014 geurteilt, dass Deutschland beide Haftarten trennen muss. Das kann man nicht einfach wegwischen.“

„Es hat den Anschein, dass Horst Seehofer sich zunehmend an rechtspopulistischen Vorbildern aus Ungarn und Österreich orientiert“, sagt Rechtsanwalt Michael Heim aus Bonn. Nachdem die Bundesländer sich dem Konzept sogenannter „AnkER-Zentren“ gegenüber zurückhaltend gezeigt hätten, wolle der Bund die 18-monatige Unterbringung in Sammellagern nun per Gesetz erzwingen – in vielen Fällen sogar noch deutlich länger, und verbunden mit einem monatelangen Arbeitsverbot. „Angesichts von rund einer Million positiven Asylentscheidungen durch das BAMF in den Jahren 2015-2018 sollte unser Hauptaugenmerk darauf liegen, wie diese Menschen in die Gesellschaft integriert werden können. Da zusätzlich jährlich mehrere zehntausend Geflüchtete vor Gericht erfolgreich ein Bleiberecht erstreiten, sollte das BAMF die Qualität seiner Verfahren kritisch prüfen. Das Gegenteil geschieht: Durch die Einleitung von Widerrufsverfahren in großem Stil werden diejenigen, die bereits einen Schutz erhalten haben, tief verunsichert. Und auf die erfolgreichen Klagen reagiert der Gesetzgeber mit massiven Einschnitten in die prozessualen Rechte der Schutzsuchenden. Das ist eklatant rechtsstaatsfeindlich. Als Anwältinnen und Anwälte fordern wir den Gesetzgeber auf, dem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz wieder zur Geltung zu verhelfen, statt es fortgesetzt zu beschneiden.“

Die Rechtsberaterkonferenz der Wohlfahrtsverbände ist ein bundesweiter Zusammenschluss von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten, die in Zusammenarbeit mit den Wohlfahrtsverbänden Deutscher Caritasverband, Diakonie Deutschland und Deutsches Rotes Kreuz sowie dem Amt des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) es sich seit vielen Jahren zur Aufgabe gemacht haben, Rechtsberatung für Asylsuchende und ausländische Flüchtlinge durchzuführen. Ihre Mitglieder treffen sich regelmäßig zum Informations- und Meinungsaustausch, geben Fachpublikationen heraus und melden sich öffentlich zu Wort, wenn es um Asylsuchende und ausländische Flüchtlinge geht.

Für Rückfragen stehen Ihnen zur Verfügung:

Rechtsanwalt Michael Koch, Tel. 0931-5 21 42, E-Mail koch@unsere-anwaelte.de

Rechtsanwalt Michael Heim, Tel. 0228-97 14 47-60, E-Mail heim.arbeit@web.de

Rechtsanwältin Catrin Hirte-Piel, Tel. 0521-98 92 95-0, E-Mail info@rae-hofemann.de

Rechtsanwalt Heiko Habbe, Tel. 040-514 93 271, E-Mail ra.habbe@gmx.de


Pressemitteilung vom 29.Okt. 2019

Unabhängige Asylverfahrensberatung – das uneingelöste Versprechen

Rechtsberaterkonferenz: Bund und Länder müssen Beratung durch Fachverbände aktiv fördern

Stuttgart, 29.9.2019

„Die Bundesregierung löst das Versprechen einer unabhängigen und flächendeckenden Asylverfahrensberatung nicht ein. Damit verstößt sie gegen den Koalitionsvertrag und gefährdet die Rechtsstaatlichkeit der Asylverfahren“, kommentiert Rechtsanwalt Michael Koch aus Würzburg den in dieser Woche bekanntgewordenen Haushaltsentwurf der Bundesregierung. Koch ist einer der Sprecher der Rechtsberaterkonferenz der Wohlfahrtsverbände, die bei ihrem Treffen an diesem Wochenende in Stuttgart auch die Auswirkungen des „Migrationpakets“ der Bundesregierung diskutierte.

Die flächendeckende Asylberatung war erst im August gesetzlich geregelt worden. Sie soll entweder durch die Wohlfahrtsverbände oder durch das BAMF erbracht werden. „Schon dieses Nebeneinander ist unsinnig. Eine ‚unabhängige‘ Beratung durch dieselbe Behörde, die auch die Asylprüfungen vornimmt, ist kaum denkbar, auch nicht bei organisatorischer Trennung der Bereiche. Aus Sicht der Betroffenen steht hier automatisch die Vertraulichkeit in Frage“, merkt Rechtsanwältin Catrin Hirte-Piel aus Bielefeld an.

Laut Gesetzesbegründung sollen den Wohlfahrtsverbänden Räume und Sachmittel für die Durchführung zur Verfügung gestellt werden, Personalkosten werden nicht erwähnt. Der in dieser Woche eingebrachte Haushaltsentwurf für 2020 enthält nun aber keinerlei Mittel für ein unabhängiges Beratungsangebot der Verbände.

Entsprechende Änderungsanträge von Grünen und Linksfraktion wurden mit Regierungsmehrheit abgelehnt. „Hier müssen gesonderte Mittel bereitgestellt werden, insbesondere auch für die Kosten der eigentlichen Beratung. Vor allem aber erwarten wir von Bund und Ländern, dass sie die tatsächliche Einrichtung einer unabhängigen verbandlichen Beratung in allen ‚AnkER-Zentren‘ und Erstaufnahmeeinrichtungen aktiv fördern“, sagt Rechtsanwalt Heiko Habbe aus Hamburg. Dies ist umso dringlicher, als durch das jüngste Gesetz die Aufenthaltsdauer in den Zentren deutlich heraufgesetzt wurde auf 18 Monate. „Viele dieser Lager liegen in schlecht angebundenen Gegenden. Wenn es dort keine qualifizierte Beratung vor Ort gibt, wird es für viele Betroffene unmöglich, rechtzeitig eine geeignete rechtliche Vertretung zu finden.“ Eine fachlich qualifizierte, unabhängige und vertrauliche Beratung ist aber notwendig. Das zeigen auch die Tausende von Fällen, in denen das BAMF Asylanträge rechtswidrig ablehnt und erst ein Gericht nachträglich den Schutz gewährt.

„Nach der Genfer Flüchtlingskonvention muss für Flüchtlinge der Zugang zum Recht gewährleistet sein. Dieser ist gefährdet“, stellte Bernhard von Grünberg, stellvertretender Vorsitzender des UNO-Flüchtlingshilfe e. V., fest, der als Gast an der Konferenz teilnahm. „Die Asylverfahrensberatung sollte zur Ausgewogenheit des sogenannten ‚Geordnete-Rückkehr-Gesetzes‘ beitragen. Davon ist nichts mehr zu sehen.“

Die Rechtsberaterkonferenz der Wohlfahrtsverbände ist ein bundesweiter Zusammenschluss von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten, die in Zusammenarbeit mit den Wohlfahrtsverbänden Deutscher Caritasverband, Diakonie Deutschland und Deutsches Rotes Kreuz sowie dem Amt des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) es sich seit vielen Jahren zur Aufgabe gemacht haben, Rechtsberatung für Asylsuchende und ausländische Flüchtlinge durchzuführen. Ihre Mitglieder treffen sich regelmäßig zum Informations- und Meinungsaustausch, geben Fachpublikationen heraus und melden sich öffentlich zu Wort, wenn es um Asylsuchende und ausländische Flüchtlinge geht.

Für Rückfragen stehen Ihnen zur Verfügung:

Rechtsanwalt Michael Koch, Tel. 0931-5 21 42, E-Mail koch@unsere-anwaelte.de

Rechtsanwalt Michael Heim, Tel. 0228-97 14 47-60, E-Mail heim.arbeit@web.de

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