Pressemitteilung 2017

Anwälte fordern: „Kinder haben Recht auf Vaterschaftsfeststellung“

Rechtsberaterkonferenz kritisiert überhastete Gesetzgebung

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Freiburg, 13.5.2017

Die Rechtsberaterkonferenz der Wohlfahrtsverbände appelliert an die Abgeordneten
des Deutschen Bundestages, dem „Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht“ die Zustimmung zu verweigern. „Der Entwurf ist in großen Teilen verfassungs- und europarechtlich fragwürdig und soll nun durch Änderungen in letzter Minute noch erheblich verschärft werden, ohne dass diese im Ansatz öffentlich diskutiert worden wären“, kritisiert Rechtsanwalt Michael Koch aus Würzburg, einer der Sprecher des Zusammenschlusses asyl- und aufenthaltsrechtlich spezialisierter Anwältinnen und Anwälte.

Mit einem Antrag der Koalitionsfraktionen soll kurzfristig ins Gesetz geschrieben werden, dass Vaterschaftsanerkennungen verhindert werden sollen, wenn Vater, Mutter oder Kind dadurch ein Aufenthaltsrecht erwerben würden. „Das bisherige, vom Bundesverfassungsgericht 2013 verworfene Recht der Ausländerbehörden zur Vaterschaftsanfechtung soll durch die Hintertür mit einer vorverlagerten, damit noch weiterreichenden Regelung ersetzt werden. Als Indiz soll schon die Duldung eines Beteiligten reichen. Verfassungsrechtlich fragwürdig ist, dass Kindern so auf unabsehbare Zeit die Klärung ihrer familiären, sozialen und staatsbürgerlichen Identität vorenthalten wird“, moniert Rechtsanwältin Oda Jentsch aus Berlin. „Notare und Jugendämter sollen zum verlängerten Arm der Ausländerbehörde gemacht werden. Die für sie vorgesehene Prüf- und Anzeigepflicht unterläuft die Verschwiegenheitsverpflichtung von Notaren und gefährdet das Vertrauensverhältnis zu den Betroffenen.“

„Auch die Regelungen zur sogenannten ,Gefährderhaft‘ halten einer rechtsstaatlichen Prüfung nicht stand“, so Rechtsanwalt Heiko Habbe aus Hamburg. „Der Begriff des ,Gefährders‘ ist konturlos, nach der Gesetzesbegründung soll er verschiedenste Fallgestaltungen umfassen – von Personen, denen man terroristische Umtriebe zutraut, bis hin zu solchen, die man gewöhnlicher Kriminalität für fähig hält. Auf dieser unsicheren Grundlage soll dann eine Inhaftierung von bis zu 18 Monaten zulässig sein – ohne dass auch nur ein konkreter Verdacht einer Straftat gegeben ist.“

Zudem werde der Datenschutz von Flüchtlingen ausgehöhlt. „Der Gipfel ist, dass die jüngsten Vorschläge vorsehen, dass persönliche Daten von Schutzsuchenden über das BKA an die Behörden von außereuropäischen Staaten weitergereicht werden dürfen“, kritisiert Rechtsanwalt Michael Heim aus Bonn. „Sollte es wirklich dazu kommen, würde jedes Zutrauen der Geflüchteten in die Vertraulichkeit deutscher Asylverfahren im Keim erstickt.“

Die Anwältinnen und Anwälte kritisieren, dass die weitreichenden Gesetzesänderungen überhastet und nahezu ohne Diskussion mit der Zivilgesellschaft durch das Parlament getrieben werden sollen. Der Gesetzgeber dürfe sich aber populistischen Forderungen nicht beugen, auch nicht in einem Wahljahr.

Die Rechtsberaterkonferenz der Wohlfahrtsverbände ist ein bundesweiter Zusammenschluss von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten, die in Zusammenarbeit mit den Wohlfahrtsverbänden Deutscher Caritasverband, Diakonie Deutschland und Deutsches Rotes Kreuz sowie dem Amt des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) es sich seit über drei Jahrzehnten zur Aufgabe gemacht haben, Rechtsberatung für Asylsuchende und ausländische Flüchtlinge durchzuführen. Ihre Mitglieder treffen sich regelmäßig zum Informations- und Meinungsaustausch, geben Fachpublikationen heraus und melden sich öffentlich zu Wort, wenn es um Asylsuchende und Flüchtlinge geht.
Für Rückfragen stehen Ihnen zur Verfügung:
Rechtsanwalt Michael Koch, Tel. 0931-5 21 42, E-Mail koch@unsere-anwaelte.de
Rechtsanwalt Michael Heim, Tel. 0228-97 62 63 75, E-Mail heim.arbeit@web.de
Rechtsanwältin Oda Jentsch, Tel. 030-25 29 87 77, E-Mail jentsch@aufenthaltsrecht.net
Rechtsanwalt Heiko Habbe, Tel. 040-514 93 271, E-Mail ra.habbe@gmx.de